Handwerkliches Geschick? Zugegeben, das habe ich nicht wirklich. Aber man wächst ja mit seinen Aufgaben.
Mein alter Röhrenverstärker, ein Yaesu FL-2100Z funktionierte plötzlich nicht mehr. Es gab spratzelnde Geräusche und die Anpassung Antenne an Funkgerät war schlecht. Das bekomme ich wieder hin. Ich bin schließlich Funkamateur. Das ist mindestens einem Dipl.-Ing., einem Meister, einem Techniker, einem Doktor, ja sogar einem Professor gleichgestellt, oder sogar darüber angesiedelt. Stimmt doch, oder?
Die Odyssee kann beginnen.
Vorab, man sollte nicht immer gleich übertreiben, die Kirche im Dorf lassen, nicht alles glauben, was im Internet steht und die Finger von Dingen lassen, die funktionierten. Never touch a running system!!!
Eine kurze Recherche im Netz brachte nämlich schnell zutage, dass die Umschaltrelais defekt sind. Klingt ja auch logisch. Mechanisches Teil. Verschleiß und/oder die Schlatkontakte sind verschmutzt oder gar verbrannt. Passiert halt.
Zum Beispiel dieses Relais:

oder das andere Relais, denn es gibt zwei davon:

Also einmal bitte auslöten, auseinander bauen und die Kontakte reinigen. Aber vorab kann ich schon mal verraten, dass dies nicht der Fehler war.

Denn nachdem ich die Relais wieder ordnungsgemäß eingebaut, alle Kabel wieder angelötet und das Gehäuse wieder montiert hatte, war der Fehler noch immer da. Ein Funkfreund gab mir den Hinweis, dass es an den PL-Buchsen liegen könnte. Er präsentierte mir einen Ausschnitt aus dem Schaltplan. Er erläuterte mir, dass, wenn der Verstärker ausgeschaltet ist, nur die Relais, die PL-Buchsen oder die Verkabelung dazwischen als Fehlerquelle infrage kommen können. Die Kontakte in den Buchsen leiern irgendwann aus und haben keinen Kontakt mehr. So die Vermutung. Und hier der Auszug aus dem Schaltplan.

In Grün der Weg, den die HF (Hochfrequenz oder meinetwegen das Sendesignal) geht, wenn der Verstärker aus oder in Standby geschaltet ist. Vom Funkgerät aus gesehen geht die HF also in J2 (PL-Buchse Input) rein, durchläuft Relais 2 (RL2), dann durch Relais 1 (RL1) um dann an J1 (PL-Buchse Output) wieder herauszukommen.
Also:
Verkabelung Sichtprüfung = OK
Verkabelung gemessen = OK
Relais geprüft = OK
Relais gemessen = OK
Durchgang J1 zu J2 gemessen = nicht OK
Anpressdruck Mittelpin von J1 und J2 „geprüft“ (ist Spiel vorhanden, wenn man den PL-Stecker hereinsteckt) = kein Spiel, alles fühlt sich gut an. mhhh, was kann es dann sein.
Dummes Gesicht gemacht. Nochmals nachschauen.
Da ist noch eine kleine Platine PB-2056A, in dem Bild rot umrandet. Da muss der Fehler liegen. Und genau so war es dann auch. Die PL-Buche J1 hat ihren Mittelpin an diese Platine gelötet. Und diese Lötstelle war gebrochen. Als Reparatur hätte es gereicht, Flussmittel ans das Lötpad, dann mit dem Lötkolben heiß machen und ein wenig frisches Lot aufzutragen. Aber das Internet war ja der Meinung, es müssten die Relais sein. Boah! 🙂 Also, glaube nicht alles, was im Netz steht. Außer hier natürlich 🙂

Aber, es geht ja noch weiter. Im Internet steht auch, dass die Kondensatoren wegen der Hitze der Röhren mit der Zeit kaputtgehen. Was macht man also? Genau. Man baut diese Kondensatoren aus um sie sich mal anzuschauen. Und was passiert beim Ausbau? Genau, die Dinger gehen dann kaputt. Hier also FINGER WEG!!!!!! Für mein Ego: Die Kondensatoren hätten bestimmt nicht mehr lange funktioniert und wären eh bald von alleine kaputtgegangen. Garantiert 🙂
Nach dem mutwilligen Kaputtmachen sah es dann so aus:


Also schön den Anschluss von der Keramik abgebrochen.
Originales Ersatzteil? Bisher nicht gefunden. Zumindest nicht bezahlbar. Die Werte stehen drauf und auch im Schaltplan zu erkennen. 3KV (3000 Volt) und 500 pF Kapazität. Ich habe dann in einer der großen Handelsplattformen für gebrauchte Teile alternative Kondensatoren gefunden. Die haben die gleichen Werte, aber eine andere Bauform.
Statt so:

habe ich sowas gefunden

und eingebaut sieht es jetzt so aus:

Ich werde vorsichtshalber das koaxiale Anschlusskabel noch anders verlegen. Hier liegt teils ordentlich Spannung an. Der Hersteller wird nicht umsonst Kondensatoren mit einer Spannungsfestigkeit von 3000 V (3 kV) eingebaut haben. Ich berichte dann, ob das Gerät wieder funktioniert.
Bis dahin vy 73 Timo DK4ZZ